OMG, da hat er doch nicht etwa wirklich? Rücktritt, Sühne, Shitstorm, Scheiterhaufen!
Über die empörte Gesellschaft.

Es geht wild zu in der Welt. Da war eine Heinisch-Hosek, die mit einem Augenzwinkern auf den Eklat um Gabliers Unvermögen, sich den neuen Text der Bundeshymne zu merken, reagiert hat. Der Shitstorm folgte. Da war eine Ö3-Moderatorin, die kein großer Fan von österreichischer Musik ist und das — zugegebener Maßen — ungeschickt formulierte. Nicht, um offiziell die österreichische Musik zu diskreditieren, sondern um im gut gemeinten Gespräch im Rahmen der Sendung „Na (Ja) genau“ (hier gibts die ganze Sendung: http://okto.tv/jagenau) eine mehr oder weniger lustige Anekdote zum Besten zu geben. Das war vielleicht tollpatschig, aber nicht böse. Sie ist vielleicht kein großer Fan von unbekannten, österreichischen Bands, aber das muss sie auch nicht. Der Shitstorm folgte.
Und das waren nur Beispiele, die in ihrer Bedeutungslosigkeit untergehen. Also vom Thema her, nicht für die Shitgestormten.

Shitstorm - Meiers Reise zum Mond

Ohne Ethik, ohne Empathie: der Shitstorm Foto: meiersreisezummond.at

 

Es passieren schlimme Dinge jeden Tag. Und das Internet ermöglicht es vielen Menschen direkt darauf zu reagieren. Wie und mit welcher Unmenschlichkeit das passiert, überrascht dabei aber.
„Empört euch!“ forderte 2010 der französische Diplomat Stéphane Hessel in seinem gleichnamigen Essay. Empörung findet man viel, wenn auch nicht die, die Hessel sich wünschte und einforderte.

Man verstehe mich nicht falsch, freie Meinungsäußerung ist ein wertvolles Gut. So wie Frau Lichtenegger der Meinung sein darf, dass österreichische Bands nicht gut sind, so darf man die Meinung haben, dass sie Unrecht hat. Geschmäcker sind überdies verschieden. Womit diese Diskussion sowieso schon wieder an Brisanz verloren hätte.
Was das Recht auf Meinungsäußerung zu Shitstorms werden lässt, ist die Unverhältnismäßigkeit. Und oftmals auch ein Fehlen der Information, warum es überhaupt zu dem gekommen ist, das den Shitstorm auslöste. Und die Empathie, warum der Shitgestormte das Shitstormungswürdige gemacht haben könnte. Und der Blick vor die eigenen Füße. Und ein normales Maß an Moral und Ethik. Der erste Stein fliegt und die Maxime werde allgemein gültiges Gesetz: Zündet die Schlampe an.

Die Formulierung von Wünschen oder das Anprangern von Missständen ist heute so direkt und leicht wie nie zuvor. Aber es gibt Wege, damit umzugehen, ohne die Menschlichkeit zu verlieren. Wenn Guido Barilla ein konservatives Familienbild hat, in dem Homosexuelle keine Rolle spielen sollen — und mich das stört —,  so kann ich auch andere Nudeln essen. Ich muss dem Guido nicht den Tod wünschen. Überhaupt: Argumente, die sich darauf beschränken, den Konterpart zu beschimpfen, sind keine. Beim Lesen der Kommentare in diversen sozialen Medien sieht man förmlich schon den Mob mit brennenden Fackeln und Mistgabeln die Sau hin zum Scheiterhaufen treiben. Das haben wir nicht nötig. Wir haben dem Mob dieses Recht genommen, um den Weg in die Rechtsstaatlichkeit zu beschreiten. Deshalb darf man ruhig Fehlverhalten aufzeigen, ja, auch anzeigen, die rechtsprechende Gewalt solle aber bitte die Judikative bleiben.

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